Hongkong, Juni 2013. Ein amerikanischer Whistleblower taucht in der Stadt unter. Auf seinem Laptop: eine Million Geheimdokumente aus dem Archiv der Geheimdienste, die er an Investigativjournalisten des Guardians weitergeben will.
Der NSA-Agent Corrigan bekommt den Auftrag den Whistleblower zu finden und muss feststellen, dass er es mit einem Profi zu tun hat, der weiß, wie man untertaucht. Eine atemlose Jagd beginnt. Doch Corrigan ist nicht der Einzige, der den Whistleblower finden will – der russische Geheimdienst und die chinesischen Triaden heften sich ebenfalls an seine Fersen.
Wird Corrigan ihnen zuvorkommen und die Veröffentlichung der Dokumente verhindern?

Ära des Verrats - S. D. Foik

Ära des Verrats – S. D. Foik

Verlag: Selbstverlag
Jahr: 2020
Seiten: 660
ISBN: 978-3-7504-3627-5

Auf dem Cover wird Ära des Verrats als Spionage-Thriller angepriesen, und auch der Covertext lässt auf einen solchen schließen. Nach der Lektüre bin ich aber der Meinung, dass es sich nicht wirklich um einen “Thriller” handelt, wie man ihn erwarten würde. Wir haben es zwar mit Geheimdiensten und Spionen zu tun, der reale Hintergrund des Buches drängt sich aber eindeutig in den Vordergrund.

Bei der ganzen Erzählung kann S. D. Foik seinen beruflichen und persönlichen Hintergrund nicht verstecken. Er hat Ost- und Südosteuropäischen Geschichte sowie Politikwissenschaften studiert und arbeitet als Lehrer für Geschichte, Wirtschaft und Politik. So verwundert es nicht, mit welcher Akribie er die reellen Hintergründe der Geschichte zusammengetragen hat und diese Informationen natürlich auch an den Leser weitergeben möchte.

Aber worum geht es überhaupt? Wenn wir einmal die fiktive Figure des Agenten Corrigan ignorieren, hangelt sich S. D. Foik an zwei großen politischen und gesellschaftlichen Ereignissen des Jahres 2013 entlang: Die NSA Leaks durch Edward Snowden und die Euromaidan Proteste in Kiew.

Diese zwei Ereignisse haben nicht so viel gemeinsam denkt ihr? Richtig, deshalb bringt S. D. Foik den Agenten Corrigan ins Spiel, der in beiden Themenkomplexen seine Finger im Spiel hat. Leider funktioniert dass nur so mittelmäßig gut.

From Hongkong….

Der Roman beginnt in Hongkong mit der Geschichte Snowdens, dessen NSA Leaks über den Guardian und Co. an die Weltöffentlichkeit gelangten. Auch die weiteren Bemühungen, irgendwie einen sicheren Platz für Snowden in Form von Asyl zu erlangen und die Schwierigkeiten die das alles mit sich brachte, werden vom Autor interessant und detailliert dargelegt. Mit diesen bekannten Fakten wird dann die Agentenstory rund um Corrigan verwoben. Dieser ist leider überhaupt kein Sympathieträger, sondern ein klischeehafter “böser” machohafter Geheimagent der vor nichts zurückschreckt, dauerhaft am koksen ist und auch ansonsten wenig tut, damit man sich als Leser mit dieser Person in irgendeiner Form identifizieren könnte.

Damit etwas Action in die Sache kommt, darf natürlich auch der russische Geheimdienst und die chinesische Mafia mitspielen. Leider fügen sich diese fiktiven Teile nicht wirklich gut in die bekannte Story ein, sondern sind teilweise einfach etwas “over-the-top”. Als reiner fiktiver Thriller würde es funktionieren, aber für den im Vordergrund stehenden realen Hintregrund ist es teilweise einfach zu viel.

… to Kiew…

Nachdem das Thema Snowden in Hongkong abgehandelt ist wendet sich das Buch den Euromaidan Protesten in Kiew zu. Wir erinnern uns, Anfangs friedliche Proteste für eine Unterzeichnung eines EU-Vertrages durch Präsident Janukowitsch mündeten in einer gewaltsamen Räumung des Maidan-Platzes (hier endet auch das Buch) und im späteren Verlauf sogar zu toten Zivilisten durch Scharfschützen.

In Bezug auf die Hintergründe der Maidanproteste gibt es naturgemäß weniger Fakten, wir sind hier schließlich in einem recht korrupten Politikumfeld, weshalb hier das Buch fiktiver ist als im ersten Teil. Die Aktionen auf dem Maidanplatz an sich halten sich wieder größtenteils an die bekannte Realität, aber die Hinterzimmerpolitik entspringt der Fiktion des Autors.

Damit man irgendwie einen Link zum Snowden-Teil konstruiert, hat hier natürlich wieder das Team um Corrigan seine (dreckigen) Finger im Spiel. Der ganze Teil ist etwas “verschwörungstheoretisch”, denn der Autor präsentiert uns hier eine Version, in der die Proteste und vor allem die resultierende Gewalt mit vom Westen gesteuert wurde. Auch die Scharfschützen, die im Buch nicht mehr in Aktion treten, sind hier von Corrigan ins Land gebracht.

Trotz allem liegt aber auch hier im zweiten Teil des Buches der Aspekt eher auf der Schilderung der (geschichtlichen) Ereignisse als auf Action oder Spannung wie man sie vielleicht bei einem Spionage-Thriller erwarten würde.

… with Love?

Funktioniert die Verkettung der zwei Teile? In meinen Augen nicht wirklich, da es zu konstruiert rüberkommt. Am Ende versucht der Autor wieder einen kleinen Bogen zum Snowden-Teil zu spannen, aber das gelingt auch nicht so wirklich. Ich denke, hier hätte man eigentlich zwei eigenständige Bücher draus machen können, damit das ganze einfach etwas mehr in sich geschlossen wirkt.

Ein weiteres Problem des Buches, und auch beider geschichtlichen Aspekte für sich gesehen: Es fehlt jeweils eine literarische Abrundung des Themas. Beide Stränge sind einfach irgendwann “aus”. Der Snowden-Teil wenn er in Russland ist, der Maidan-Teil nach der Räumung des Platzes. Es macht durchaus Sinn, die Geschichten an diesen Punkten zu beenden, allerdings fehlt der “literarische Ausklang” wie ich es in Roman erwarte. Im Fall der Snowden-Story führt das wohl mit zum holperigen Übergang zum Maidan. Beim Maidan führt es dazu, dass man als Leser denkt “und nun? Die Moral von der Geschicht’?” wenn man wenige Seiten nach der blutigen Räumung die Überschrift “Danksagung” liest. Hier wurde leider einiges an Potential verschenkt, nicht nur eine Schilderung von Ereignissen sondern einen runden Roman zu Papier zu bringen.

Aber trotz allem: Ich habe mich bei der Lektüre gut unterhalten gefühlt. Nicht wegen der fiktiven Spionageteile, sondern wegen der Schilderungen der historischen Ereignisse. Das bringt der Autor definitiv unterhaltsamer rüber als ein schnödes Geschichtsbuch. Auch führt die Kombination von Fiktion und Realität immer wieder zu “da muss ich jetzt mal googeln ob das wirklich so war…” Situationen, die bei mir immer mit “oh, war wirklich so” ausgingen.

Trotzdem die Warnung: Wer sich den auf dem Cover versprochenen “Spionage-Thriller” erhofft ist hier meiner Meinung nach falsch.
Wer sich gerne wieder die Ereignisse rund um Snowden und Euromaidan vor Augen führen möchte kann zugreifen.

Ära des Verrats - S. D. Foik

2,99 EUR (eBook)
6.5

Meine Wertung

6.5/10

Gut

  • interessante Darstellung der Fakten (Snowden / Maidan)

Nicht so gut

  • schwache "Agentenstory"