Robert Langdon, Harvard-Professor für Symbologie, erwacht mit einer Schusswunde in einem Krankenhaus in Florenz und kann sich nicht an die letzten zwei Tage erinnern. Doch viel Zeit zur Erholung bleibt ihm nicht, denn nach einem Anschlag muss er mit der jungen Ärztin Sienna Brooks in deren Wohnung flüchten. Dort stellt sich heraus, dass Langdon dabei war, die versteckte Botschaft in einem jahrhundertealten Gemälde zu Dantes “Inferno” zu entschlüsseln. Die Spur führt sie in den Palazzio Vecchio, wo sie sich von Dantes Totenmaske konkretere Hinweise erhoffen, doch diese ist gestohlen worden. Nun beginnt eine Jagd durch halb Europa, bei der Langdon die Maske wiederfinden und einen perfiden Plan vereiteln muss.
Verlag: Bastei Lübbe Jahr: 2014 Seiten: 688 ISBN: 978-3-404-16975-7
In Inferno lädt Dan Brown nun schon zum vierten Mal zur großen Schnitzeljagd um die Welt mit Robert Langdon. Auch diesmal ist die Aufgabe keine geringere als die Rettung der Welt, unterstütz von der jungen Ärztin Sienna Brooks (natürlich wieder sehr attraktiv und hochbegabt) als Sidekick.
Zu meiner großen Überraschung spielte die Kirche (bzw. der Vatikan) in diesem Band überhaupt keine Rolle – wobei das sich beim zugrunde liegenden Thema “Dantes Göttliche Komödie” mehr als nur angeboten hätte. Weitere Player sind in diesem Band eine nicht näher bestimmtes “Konsortium” unter der Führung der Provorst, die WHO und (natürlich) ein durchgeknallter Wissenschaftler, der die Welt bedroht.
Der Roman beginnt recht flott mit der Flucht Langdons aus dem Krankenhaus, dann aber tritt Dan Brown deutlich auf die Bremse. Die Flucht / Schnitzeljagd von Langdon und Brooks durch Florenz liest sich teilweise wie die Beschreibung aus einem Reiseführers.
Dan Brown beschreibt jede Statue, jede Kirche, jedes Gebäude, gefühlt jedes Mosaiksteinchen, mit seiner Lage und der kulturhistorischen Bedeutung.
Diese detaillierten Beschreibungen mögen vielleicht jemanden helfen, der Florenz kennt, aber den Lesefluss stört das ganz nach einer Weile schon – hier wäre weniger mehr gewesen. Die Abschweifungen zu Dantes “Göttlicher Komödie” (primär zum titelgebenden ersten Teil “Inferno”) und Umsetzungen in der Kunst, wie zum Beispiel in Botticellis “Mappa dell´ Inferno” fand ich persönlich ganz interessant, sind teilweise für den Thriller-Lesefluss aber auch etwas zu viel Kunstgeschichte.
Freund oder Feind?
Nach ca. der Hälfte zieht die Geschwindigkeit des Romans aber wieder an, und die detaillierten Orts- und Objektbeschreibungen nehmen ab und die eigentliche Story wird schneller vorangetrieben.
Natürlich wartet auch Inferno wieder mit der genretypischen “Überraschung” auf und irgendwann ist nichts mehr wie es scheint, die Rollen von Gut und Böse werden wild gemischt. Leider übertreibt auch Dan Brown es hier – manche hier gegebene Erklärungen für am Anfang Gelesenes sind doch wieder arg hanebüchen und sorgen für ein “ja… ist klar…” Stirnrunzeln beim Leser. Aber nun gut – ist halt ein Dan Brown….
Allerdings muss man Dan Browns eines lassen: Leser bei der Stange halten kann er – auch wenn es wieder mal die Variante “kurze Kapitel mit Cliffhangern” ist. Die (im eBook) 550 Seiten schafft er immerhin auf stolze 104 Kapitel aufzuteilen. Das führt doch unweigerlich zu einer “ach, dass eine Kapitel lese ich jetzt noch” Spirale.
Das es diesmal nicht wieder um eine religiöse Vatikanverschwörung geht, sondern Dan Brown mit dem Thema Überbevölkerung und ihre Folgen ein durchaus reales Problem in den Fokus des Romans stellt ist wirklich positiv herauszuheben. Allerdings war der Vatikan als “allmächtiger Player” der durchaus glaubwürdigere Mitspieler als es jetzt das “Konsortium” oder die WHO – irgendwie schafft es Brown nicht, die Rolle dieser beiden Organisationen glaubhaft darzustellen.
Dafür fand ich das Ende des Romans, welches weder Schwarz noch Weiß, weder Gut noch Böse ist, sondern aufzeigt, dass das Thema der Überbevölkerung durchaus eine differenziert Betrachtung der Fakten erfordert gelungen.
In der Nachbetrachtung muss ich sagen, dass ich diesen Dan Brown eigentlich gar nicht mal so schlecht fand. Ja, es ist wieder einmal ein typischer Schnitzeljagd-Thriller mit den üblichen Charakteren. Dazu kommen die längen der ausufernden Umgebungsbeschreibungen, arg an den Haaren herbeigezogene “Überraschungen” und einige Wiederholungen (ich weiß nicht wie oft ich im Roman die zwei Zeilen der Unterwasserplatte lesen musste…). Trotzdem fand ich die Verknüpfung von Dantes “Göttlicher Komödie” mit dem Problem der Überbevölkerung, diesmal auch ohne Einmischung der Kirche, als recht gelungen.