Christian Schilling, Ex-Nierenarzt, Ex-Ehemann, Ex-Vater, Ex-Spaßvogel hockt im Parkhaus des Münsteraner Klinikums und wartet auf den Mörder seiner Familie. Bevor er den geplanten Racheakt ausführen kann, kommt er einer ominösen sechsköpfigen Truppe schießwütiger Soziopathen in die Quere und wird kurzerhand einkassiert. Wie sich schnell herausstellt, spielen diese Personen ein in mehrfacher Hinsicht tödliches aber lukratives Spiel, und Schilling ist dabei. Ob er will oder nicht. Ehe er sich versieht, befindet er sich in einer erstaunlichen Orgie aus Sex und Gewalt, einem bunten Reigen um Geld, Gier und Macht. Die Stationen des Spiels führen von Deutschland nach Dubai, dann nach Kuwait und schließlich ans Tote Meer. Als er am vorläufigen Ende seiner Odyssee vor dem Tor zu Level II steht, ist er nicht mehr der, der er einmal war. Was kann jetzt noch wichtig sein? Das Spiel, das viele Geld, die Vergangenheit, Freundschaft, Intrigen, Verrat? – Oder Anna? Er muss sich entscheiden. Oder hat er das schon getan?
Verlag: Waxmann Verlag Jahr: 2011 Seiten: 456 ISBN: 978-3-8309-3000-6
Klingt abgefahren und überdreht? Ist es auch! Was der Autor hier auf den Leser loslässt, ist nur schwer mit “normalen” Thrillern vergleichbar, dafür gibt es zu viele skurrile Szenen und Übertreibungen. Die Story selber erinnert etwas an “The Game” oder “eXistenZ”. Die Truppe wird mit Aufgaben rund um die Welt konfrontiert – die meist in Schießereien ändern. Der Weg führt hier über bluttriefende Geheimparties, schlaue Kampfkatzen bis hin zu eingefrorenen Nazigrößen. Wie es um den Realismusgrad bestellt ist, sollte hier schon klar sein.
Die Charaktere strotzen nur so von Stereotypen.. Der russische Exsoldat als Waffenspezialist, ein Computernerd, ein überkandidelter, schwuler Graf, die “blonde Schlampe”, ein “ich mach dich platt” Deutschtürke und noch eine Emo-Tussi. Alle erfüllen auch so gut wie jedes Klischee, dass man sich bei solch einem Charakter vorstellen kann. Der einzige der so gar nicht zu seiner Rolle passen will, ist die Hauptperson Schill. Wenn dieser wirklich mal ein erfolgreicher Arzt gewesen sein sollte, möchte ich nicht in diesem Krankenhaus landen.
Sprachlich konnte sich der Autor nicht so recht entscheiden, wie denn das Buch jetzt klingen soll. Teilweise kommt die Sprache so arg hochtrabend daher, dass “ohooo… da hat der liebe Herr Autor aber ein tolles Fremdwort eingebaut…” Gedanken aufkommen, andererseits kann es dann auch arg salopp und flach werden. Wenn die (Zitat) “blonde Schlampe” dann von “defätistischen Äußerungen” spricht, passt das irgendwie nicht so recht zusammen.
Auch gibt es zwischen der ganzen Action immer wieder Szenen, wo der Autor den Charakteren seine Meinung über Weltpolitik und Co in den Mund legt – was nicht so recht in den Fluss des ganzen passen will.
Das schlichte Cover, ohne Bild, dafür mit einem “Contains extreme violence and gore, strong sexual content, humor and drug use” Warning inklusive 18-er Rating, daherkommend ist mal eine nette Abwechslung und sollte bei der Zielgruppe schon für Interesse sorgen. Der Autor sieht seine Zielgruppe übrigens in “Personen mit einer Affinität zum Morbiden sowie einer gewissen Vorliebe für Sex- und Gewaltdarstellungen” – nicht wirklich schmeichelhaft, aber wahrscheinlich doch treffend.
Anfangs machen sich Tippfehler und duplizierte Sätze negativ bemerkbar, aber das Lektorat ist wohl doch noch irgendwann aufgewacht – im weiteren Verlauf des Buches sind mir nämlich keine Fehler mehr aufgefallen.
Für einen Erstling hat mir das Buch wirklich gut gefallen – dass lässt auf mehr hoffen. Vielleicht noch etwas mehr Schliff und Durchgängigkeit in Sprache und Handlung, ein paar Straffungen hier und dort, und das ganze könnte richtig gut werden. Für 25€ ist das Hardcover recht teuer – allerdings gibt es das Buch auch als DRM freies eBook (ePub und Mobi Format), hier sogar für günstige 7€. Das Geld ist es allemal wert – wer also einen eBook-Reader hat, und auf solche Art von Literatur steht, kann getrost die paar Euro opfern.
Ein Dank geht noch an den Autor, der mir ein Exemplar des Buches zur Rezension zukommen lies.