Anthrazit lässt sie mit 16 Kurzgeschichten in die Welt der Schatten abtauchen. In der nahen Zukunft ist Europa zerfallen und ein Teddybär erwacht zum Leben. Jack the Ripper spaziert durch New York. In der San Francisco Bay bekommt der Leser den Liebeskummer in der vollen Breitseite ab. Durch den Kölner Dom sehen wir den drogensüchtigen Protagonisten aus seinem Leben erzählen. Eine Hommage an die Beat Generation ist ebenfalls in der Anthologie enthalten.
Verlag: Books on Demand Jahr: 2017 Seiten: 188 ISBN: 978-3-7460-3117-0
Vom Grundtenor, Aufbau und Stimmung hat mich Anthrazit von Lucas Friedrich irgendwie sofort an Dirk Bernemanns Ich hab die Unschuld kotzen sehen erinnert.
Wer also auf der Suche nach einem Buch voller guter Laune und heiler Welt Stimmung ist sollte um Anthrazit definitiv einen großen Bogen machen.
Die einzelnen Kurzgeschichten haben keinen wirklichen Zusammenhang, haben aber eines gemeinsam: Sie sind traurig, düster, grau – eben Anthrazit. Die Themen drehen sich um das, was Menschen in der Welt bewegt: Liebe, Depression, Angst, Gewalt, Drogen…
Beim Lesen der Geschichten würde man nicht denken, dass diese Buch von einem 19 jährigen geschrieben ist. Die Sprache ist durchweg anspruchsvoll und bildhaft – kann vor allem wenn es um Themen wie Sex und Gewalt wird auch sehr direkt, unverblümt und vulgär werden. Aber alles andere würde der “dreckigen”, hoffnungslosen Grundstimmung auch nicht entsprechen.
It’s a dark dark world…
Der Stil der Geschichten variiert start. Während manche sehr fantastisch, abgehoben und teils etwas wirr sind, sind anderer (teilweise erschreckend) realistisch. Hier hat sich für mich beim Lesen durchaus das ein oder andere mal die Frage gestellt, wieviel hier jetzt wirklich Fantasie eines jungen Autors und wieviel eine Art autobiographische Verarbeitung persönlicher Dinge war…
Einen wirklich wahren Satz hat Lucas Friedrich ganz an das Ende des Buches gepackt:
Du hast die schaurige Welt von Anthrazit durchquert und jetzt vermutlich noch mehr Fragen als vorher.
Ja – mehr Fragen wird man definitiv haben. Denn leider hat sich auch bei mir nicht bei jeder Kurzgeschichte der tiefere Sinn erschlossen – sprich die “Was will uns der Autor damit sagen?” Frage blieb doch das ein oder andere mal vollkommen unbeantwortet.
Ich denke “Anthrazit” hat ein ganz eigenes, “dunkles” Publikum, welches genau solche Geschichten lesen möchte. Allen anderen mag diese ganz eigene, dunkle Welt voller Leid, Gewalt und Drogenkonsum eher abstoßend vorkommen und mit vielen Fragezeichen zurücklassen.
Wer sich hier angesprochen fühlt, und vielleicht auch Bernemann schon im Regal stehen hat, sollte Lucas Friedrich mit Anthrazit definitiv eine Chance geben (auf diese Leserschaft bezieht sich auch meine Wertung)! Alle anderen seien gewarnt: Es ist wirklich eine ganz eine, dreckige Welt, die vielleicht nicht jeder so detailliert vor sich ausgebreitet haben möchte.